Zeitzeugen - Wiedervereinigung Deutschlands
Frank Richter
Frank Richter (* 20. April 1960 in Meißen) ist ein deutscher Theologe, Bürgerrechtler und parteiloser Politiker. Seit 2019 ist er Abgeordneter im Sächsischen Landtag und gehört dort der SPD-Fraktion an. In der Friedlichen Revolution in der DDR wurde er als Gründer der Gruppe der 20 in Dresden bekannt. Von 2009 bis 2016 war Richter Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung; vom 1. Februar 2017 bis zum 30. Juli 2018 Geschäftsführer der Stiftung Frauenkirche in Dresden. Im September 2018 war er Kandidat für die Wahl des Oberbürgermeisters in Meißen und unterlag dem bisherigen Amtsinhaber knapp in der Stichwahl. Richter moderiert und analysiert regelmäßig Konflikte und Problemlagen in den Bereichen Fremdenfeindlichkeit und Migration in Sachsen. Frank Richter wuchs als Sohn eines evangelischen Maurers und einer römisch-katholischen Bürokauffrau in Großenhain auf und besuchte die dortige Pestalozzi-Oberschule (POS). Geprägt durch seine katholische Erziehung, sah er sich früh zur kritischen Auseinandersetzung mit der Staatsideologie der DDR gedrängt und konnte sein Ziel eines Pädagogikstudiums aus politischen Gründen nicht verwirklichen. Nach seinem Abitur 1978 besuchte er das katholische Vorseminar in Schöneiche bei Berlin, wo er Latein und Griechisch lernte, und war von 1979 bis 1981 Bausoldat der NVA in Stralsund. Anschließend studierte er am Priesterseminar Erfurt und in Neuzelle Theologie. 1987 wurde er zum katholischen Priester geweiht. Seine Zeit als Kaplan verbrachte er bis 1989 in Dresden-Pieschen und wurde danach Domvikar an der Dresdner Hofkirche. Als solcher nahm er im Herbst 1989 an den Demonstrationen gegen das DDR-Regime teil. Von 1994 bis 1997 war Richter Diözesanjugendseelsorger des Bistums Dresden-Meißen, anschließend bis 2001 Pfarrer in Aue. Von 2001 bis 2005 war Richter Referent für Religion und Ethik am Comenius-Institut in Radebeul. Im Jahr 2005 ließ er sich laisieren, um zu heiraten. Er wechselte zur alt-katholischen Kirche, für die er von 2006 bis 2007 als Pfarrer in Offenbach tätig war. Nach Schwierigkeiten mit dem Gemeindeumfeld zog die Familie 2007 in eine andere Stadt in Hessen. Frank Richter arbeitete für einige Zeit als Latein- und Ethiklehrer am Gymnasium Dreieichschule in Langen bei Frankfurt am Main. Er konvertierte noch einmal und gehört seitdem der evangelischen Kirche an. Auf Vorschlag des sächsischen Kultusministeriums wurde Frank Richter im Februar 2009 zum Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung ernannt, die er bis zum Jahresende 2016 leitete. 2011 wurde er zum Moderator der von der Dresdener Oberbürgermeisterin Helma Orosz 2009 ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe 13. Februar berufen, die eine Koordination der demokratischen Initiativen für das Gedenken an die Bombenangriffe auf Dresden im Februar 1945 anstrebte. Nach Unstimmigkeiten über die Ziele der Arbeitsgruppe verließ er diese im Oktober 2013. In der Asyldebatte in Sachsen hat sich Richter seit 2013 als Vermittler und Moderator profiliert. Wegen seines auf Verständnis und Dialog zielenden Umgangs mit fremdenfeindlichen Haltungen und Protesten wird er bisweilen als „Pegida-Versteher“ eingeordnet, wogegen der Chef des Kuratoriums der sächsischen Landeszentrale Lars Rohwer seine vermittelnde Arbeit lobte: „Er ist der beste Diplomat, den wir derzeit in Dresden haben.“ Als im August 2016 bekannt wurde, dass Richter die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung zum Jahresende verlassen und zur Stiftung Frauenkirche wechseln würde, bezeichneten die Dresdner Neuesten Nachrichten den Abgang Richters nach knapp achtjähriger Leitungstätigkeit als „Ende einer Ära“. Richter war seit Anfang der 1990er Jahre Mitglied der CDU, trat aber 2017 aus der Partei aus. Zur Begründung verwies er unter anderem auf die seiner Meinung nach fehlende Streitkultur im sächsischen CDU-Landesverband. Im September 2018 trat Richter als parteiloser Kandidat mit Unterstützung des Wahlbündnisses Bürger für Meißen – Meißen kann mehr! sowie der Parteien Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und SPD zur Wahl des Oberbürgermeisters in Meißen an. Dafür zog Richter in seine Geburtsstadt und gab seine Stellung als Geschäftsführer bei der Stiftung Frauenkirche zum 30. Juli 2018 auf. Im ersten Wahlgang am 9. September 2018 setzte sich Richter mit 36,7 % gegen den CDU-unterstützten Amtsinhaber Olaf Raschke durch, der mit 32,5 % das zweitbeste Ergebnis erreichte. Da beide die absolute Mehrheit verfehlten, entschied der zweite Wahlgang zwei Wochen später. In der Stichwahl unterlag Richter dem von CDU und AfD unterstützten Amtsinhaber am 23. September 2018 mit einer Differenz von weniger als einhundert Stimmen: Für Raschke stimmten mit 4772 Wahlberechtigten 43,5 Prozent, für Richter 4675 und damit 42,6 Prozent der Wähler. Nach der gescheiterten Bürgermeisterkandidatur, die weit über Meißen und Sachsen hinaus beachtet worden war, kündigte Frank Richter an, ein Buch über den Wahlkampf schreiben und sich weiter politisch engagieren zu wollen. Bei der Landtagswahl in Sachsen 2019 zog Richter als parteiloser Kandidat auf Platz 7 der Landesliste der SPD in den Sächsischen Landtag ein. Beteiligung an der Bürgerbewegung in Dresden 1989 Frank Richter nahm an der Demonstration am 8. Oktober 1989 auf der Prager Straße in Dresden teil, bei der die Volkspolizei am Sonntagabend hunderte Menschen einkesselte. Aus der Menge heraus gelang es dem damals 29-jährigen Richter gemeinsam mit Kaplan Andreas Leuschner, in Verhandlungen mit den Polizisten einzutreten.Richter und Leuschner bildeten die aus Demonstranten bestehende Gruppe der 20, die als erste oppositionelle Gruppierung offiziell als Gesprächspartner der Staatsmacht, in Dresden in Person des Oberbürgermeisters Wolfgang Berghofer, akzeptiert wurde. Obgleich er sich aufgrund des kirchenrechtlichen Verbots der politischen Betätigung für katholische Geistliche auf Wunsch seines Bischofs bereits nach dem ersten Dialog am 10. Oktober zugunsten des späteren Dresdner Oberbürgermeisters Herbert Wagner aus der Gruppe zurückzog, blieb Richter bis zu den ersten freien Wahlen im März 1990 einer der wichtigsten Exponenten der Bürgerbewegung in Dresden.
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