Motiv - Berühmte Persönlichkeiten
Martin Luther (* 10. November 1483 in Eisleben, Grafschaft Mansfeld; † 18. Februar 1546 ebenda) war ein deutscher Augustinermönch und Theologieprofessor, der zum Urheber der Reformation wurde. Er sah in Gottes Gnadenzusage und der Rechtfertigung durch Jesus Christus die alleinige Grundlage des christlichen Glaubens. Auf dieser Basis wollte er damalige Fehlentwicklungen der Römisch-katholischen Kirche beseitigen und sie in ihrer ursprünglichen evangelischen Gestalt wiederherstellen („re-formieren“). Entgegen Luthers Absicht kam es im Lauf der Reformation zu einer Kirchenspaltung, aus der evangelisch-lutherische Kirchen und weitere Konfessionen des Protestantismus entstanden. Die Lutherbibel, Luthers Theologie und Kirchenpolitik trugen zu tiefgreifenden Veränderungen der europäischen Gesellschaft und Kultur in der Frühen Neuzeit bei. Nicht zuletzt hat Luther die Entwicklung der neuhochdeutschen Sprache entscheidend beeinflusst. Priesterausbildung und Theologiestudium Zunächst war Luther im Augustinerkloster Erfurt als Gast untergebracht und legte vor Prior Winand von Diedenhofen seine erste Generalbeichte ab. Wohl schon im Herbst 1505 wurde er als Novize aufgenommen und für ein Probejahr dem Novizenmeister Johannes von Paltz übergeben. Dieser führte ihn in die Lebensweise der Gemeinschaft ein. Bei einem Besuch des Erfurter Klosters am 3. April 1506 traf der Generalvikar der Augustinereremiten Johann von Staupitz Luther erstmals und wurde sein Beichtvater und Seelsorger. Die Ordensoberen hatten Vertrauen in Luthers Entwicklung und erwarteten einiges von ihm, während er selbst ein Ungenügen empfand. Mit seiner Profess im September 1506 wurde Luther endgültig als Mönch aufgenommen. Seine Vorgesetzten legten fest, dass er Priester werden und anschließend Theologie studieren sollte. Er studierte Gabriel Biels Auslegung des Canon Missae. Am 4. April 1507 weihte ihn Weihbischof Johann Bonemilch von Laasphe im Erfurter Dom zum Priester. Zur Primiz am 2. Mai 1507 in der Klosterkirche lud er seine Mansfelder Verwandten und Eisenacher Freunde ein. Dann begann Luther das Theologiestudium. Sein wichtigstes Lehrbuch war der Sentenzenkommentar (Collectorium) von Gabriel Biel, der Wilhelm von Ockhams Lehre mit anderen scholastischen Lehrmeinungen ausglich und ein pelagianisches Verständnis von Willensfreiheit vertrat. Dieses widersprach laut Johannes Wallmann Thomas von Aquin und dem späteren Konzil von Trient. Luthers spätere reformatorische Theologie war ein Gegenentwurf zu Biels Ockhamismus. Auf Empfehlung von Johann von Staupitz versetzte die deutsche Kongregation in München Luther am 18. Oktober 1508 nach Wittenberg. Dort sollte er kurzfristig einen Mitbruder vertreten und an der Artistenfakultät Moralphilosophie lehren. Nach der Organisationsweise der damaligen Universität war Luther nun Dozent und Student zugleich. Im März 1509 erwarb er den Grad des Baccalareus biblicus. Nach einem weiteren Semester disputierte er für den nächsten Grad des Baccalaureus sententiarius. Bevor er seine Antrittsvorlesung halten konnte, rief sein Kloster ihn jedoch ohne Absprache mit Staupitz überraschend zurück. Eventuell protestierten die Erfurter Augustiner damit gegen Staupitz’ Wahl zum sächsisch-thüringischen Provinzial. Luther traf noch 1509 wieder in Erfurt ein. Wie seine Notiz auf einer gedruckten Augustinus-Werkausgabe der Klosterbibliothek belegt, las er seit 1509 Schriften des Augustinus von Hippo. Darunter waren De trinitate und De civitate Dei, noch nicht aber jene Werke, in denen sich Augustinus mit den Pelagianern auseinandersetzte. Im Herbst 1509 hielt Luther im Auditorium Coelicum am Dom zu Erfurt seine Sentenzenvorlesung und wurde dann zum Baccalaureus sententiarius ernannt. Er lehrte als Sententiar in Erfurt vom Wintersemester 1510 bis zum Sommersemester 1511. Danach zog er ganz nach Wittenberg um. Dem Humanismus verdankte Luther das Interesse an den biblischen Sprachen. Schon 1506 erwarb er das Lehrbuch Johannes Reuchlins De rudimentis hebraicis und brachte sich damit die hebräische Sprache selbst bei. 1512 erwarb er zudem Reuchlins Ausgabe der sieben Bußpsalmen (Septem psalmi poenitentiales) mit hebräischem Text, lateinischer Übersetzung und grammatischen Erläuterungen. Luther hatte zu den Erfurter Humanisten Crotus Rubeanus, Mutianus Rufus (ab 1515) und Johann Lange Kontakt, gehörte aber nicht zu ihrem Kreis. Er interessierte sich für Autoren der Antike und besaß früh das griechische NT von Erasmus. Auf von Staupitz’ Initiative zog Luther im September 1511 von Erfurt nach Wittenberg, das damals höchstens 2500 Einwohner hatte, und bewarb sich für ein theologisches Doktorat. Die Leucorea war noch im Aufbau, auch das Wittenberger Klostergebäude war damals unfertig. Jedoch war Wittenberg Hauptstadt von Kursachsen. Luther begab sich also in ein für seine weitere Entwicklung wichtiges politisches Kräftefeld. Beim Ordenskapitel der Augustinereremiten in Köln am 5. Mai 1512 unterstützte Luther wahrscheinlich von Staupitz in ordensinternen Konflikten. Das Kapitel ernannte Luther zum Subprior und Studienleiter sowie Klosterprediger der Wittenberger Ordensniederlassung. Er sollte die Bibelprofessur, die zuvor von Staupitz innehatte, auf Lebenszeit übernehmen; Kurfürst Friedrich der Weise war deshalb bereit, die Promotionskosten zu übernehmen. Da Kursachsens Gebiet zu mehreren Bistümern gehörte, befand sich Luthers Landesherr kirchenpolitisch in einer starken Position. Das Allerheiligenstift in Wittenberg samt der inkorporierten Stadtkirche unterstand allerdings direkt dem Papst. Weil der Kantor des Stifts Ulrich von Dinstedt seine Aufgabe als Prediger an der Stadtkirche nicht wahrnahm, erhielt Luther den Predigtauftrag. Er bezog daraus seine für lange Zeit einzigen persönlichen Einkünfte (jährlich 8 Gulden 12 Groschen). Luthers erste sicher datierten Predigten stammen aus dem Jahr 1514. Auf dem Kongregationskapitel in Gotha am 1. Mai 1515 wurde er zum Provinzialvikar ernannt und übernahm damit zusätzlich zu seiner Wittenberger Lehrtätigkeit Leitungsaufgaben in seinem Orden, die mit einer erheblichen Visitations- und Reisetätigkeit verbunden waren. Als Vikar unterstanden ihm zehn Konvente, darunter sein ehemaliger Heimatkonvent in Erfurt. Dort setzte er 1516 Johann Lange zum Prior ein. In Wittenberg stand er als Subprior an zweiter Stelle in der Klosterhierarchie, zugleich war er als Vikar Vorgesetzter des Priors. Im Oktober 1512 war Luther durch Andreas Bodenstein an der Leucorea zum doctor theologiae promoviert worden. Sein Doktoreid verpflichtete ihn auf die Heilige Schrift, also die Bibel, und auf die theologische Erschließung ihres Gehalts. Darauf berief er sich im späteren Konflikt mit der Papstkirche. In Wittenberg bot Luther pro Semester eine zweistündige Vorlesung an. Davon sind einige studentische Nachschriften und Arbeitstexte erhalten, darunter der Wolfenbütteler Psalter, Luthers Handexemplar der ersten Psalmenvorlesung (Dictata super Psalterium, 1513–1515). Luther legte hier noch den lateinischen Text der Vulgata mit der überkommenen Methode des vierfachen Schriftsinns aus, betonte aber schon für ihn Typisches: Alle Psalmen handelten von Jesus Christus. Da sie vor dem irdischen Leben des Jesus von Nazaret entstanden seien, täten sie dies im Literalsinn, aber auf prophetische Weise (sensus litteralis propheticus). Diesen hermeneutischen Zugang verdankte Luther seinem Mentor von Staupitz. Reformatorische Wende Wann Luther das reine Geschenk der Gerechtigkeit Gottes allein aus Gnade (sola gratia) zuerst formulierte, ist ein Hauptstreitpunkt der Lutherforschung. In einer späteren Eigenaussage beschrieb er diesen Wendepunkt als unerwartete Erleuchtung in seinem Arbeitszimmer im Südturm des Wittenberger Augustinerklosters. Manche datieren dieses Turmerlebnis auf 1511 bis 1513, andere um 1515 oder um 1518, wieder andere nehmen eine allmähliche Entwicklung der reformatorischen Wende an. Deren Datierung und nähere inhaltliche Bestimmung hängen wechselseitig zusammen. Luther beschrieb sein Erlebnis 1545 rückblickend als große Befreiung während der Vorbereitung auf seine zweite Psalmenvorlesung (also zwischen Frühjahr und Herbst 1518). Wie ein Brief Luthers an von Staupitz zeigt, waren Probleme mit dem Bußsakrament der Grund für seine damalige große innere Spannung: Er fühlte sich trotz seines untadeligen Lebens als Mönch vor Gott als Sünder, unfähig, den strafenden Gott zu lieben. In der einsamen Meditation über Röm 1,17 LUT habe er plötzlich entdeckt, was er seit einem Jahrzehnt vergeblich gesucht hatte:
„Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche aus dem Glauben kommt und zum Glauben führt; wie geschrieben steht: Der Gerechte wird aus dem Glauben leben.“
Dieser Bibelvers habe ihn zu seinem neuen Schriftverständnis geführt: Gottes ewige Gerechtigkeit sei ein reines Gnadengeschenk, das dem Menschen nur durch den Glauben an Jesus Christus gegeben werde. Keinerlei Eigenleistung könne dieses Geschenk erzwingen. Auch der Glaube, das Annehmen der zugeeigneten Gnade, sei kein menschenmögliches Werk. Damit zerbrach für ihn nach gängiger protestantischer Deutung die gesamte mittelalterliche Theologie. Volker Leppin betont dagegen, Luthers Entwicklung sei gerade nicht bruchhaft erfolgt, sondern habe an die spätmittelalterliche Frömmigkeit der Predigten Johannes Taulers angeknüpft. Die christliche Mystik sei eine Quelle für Luthers Gnadentheologie. Für die Frage, ob Luther mit der katholischen Theologie brechen wollte, ergibt sich damit ein zwiespältiges Ergebnis: es lässt sich sowohl ein Reformwille in der Kontinuität als auch ein Wille zum Bruch erkennen. Die von Johannes Mauburnus zusammengestellte Meditationsanleitung Rosetum (1494) aus dem Umfeld der devotio moderna benutzte der junge Luther häufig. Auch mit Schriften des Bernhard von Clairvaux, Pseudo-Dionysius Areopagita und Jean Gerson war er vertraut. Bei Bernhard, den er besonders schätzte, steht die humanitas, das irdische Leben Jesu, im Zentrum. Die erinnernde Betrachtung seiner Passion solle den Menschen zum Mitleiden mit Christus bewegen. Staupitz vermittelte Luther als Seelsorger und Beichtvater diese spätmittelalterliche mystische Tradition. Im Jahr 1516 veröffentlichte Luther die Theologia deutsch eines unbekannten Mystikers, den er mit Johannes Tauler identifizierte. Das Werk bestärkte ihn in seiner wachsenden Ablehnung äußerlicher kirchlicher Riten. Karlstadt und Thomas Müntzer wurden von der Lektüre der Theologia deutsch beeinflusst, über Johann Arndt wurde sie im Pietismus rezipiert, so wurden dem Protestantismus mit Luthers Empfehlung mittelalterlich-mystische Traditionen vermittelt. Als Luther seine Kreuzestheologie entwickelte, setzte er sich auch mit mystischer Literatur intensiv auseinander. Gott könne wahrhaft nur auf dem Weg des Kreuzes erkannt werden, den er selbst in seinem menschgewordenen Sohn gegangen sei: Dieser Gedanke Luthers könnte von Taulers Kreuzesmystik geprägt worden sein. Tauler identifizierte die Reinigung von der Sünde, die in der mystischen Erfahrung der Erleuchtung vorausgeht, mit der inneren Trübsal, die in Demut und Gelassenheit ertragen werden müsse. Dennoch widersprach Luther auch einigen Grundannahmen der Mystik, lehnte eine menschliche Mitwirkung an der Erlösung sola gratia ab und verneinte zuletzt auch die Möglichkeit, der Mensch könne sich mit Gott oder des Menschen Wille mit Gottes Willen in diesem Leben vereinigen (unio mystica). Insgesamt bestritt er die mittelalterliche Annahme, dass Rechtfertigung und Heiligung im Heilsprozess miteinander verbunden seien. Seine Römerbriefvorlesung (1515/16) bereitete Luther schon nach dem griechischen Neuen Testament (NT) vor, legte aber weiterhin für seine Studenten den lateinischen Text zugrunde. Hier nutzte er oft den vierfachen Schriftsinn, rückte aber allmählich davon ab und zitierte sehr oft Augustinus. Dessen achten Band einer 1506 in Basel gedruckten Werkausgabe hatte er wohl zur Vorbereitung seines Römerbriefkollegs zur Hand genommen. Darin enthaltene antipelagianische Texte wie De spiritu et littera gaben ihm zudem eine „systematisch-theologische Hilfe zum Verständnis des Römerbriefs und der paulinischen Theologie überhaupt.“ Im Wintersemester 1516/1517 las Luther über den Brief des Paulus an die Galater, dann zeitlich parallel zum Ablassstreit zwei Semester über den Brief an die Hebräer. Nur von wichtigen lebensgeschichtlichen Ereignissen unterbrochen, las er regelmäßig bis November 1545 über ein biblisches Buch (lectura in biblia). Er wählte auffällig oft Themen aus dem Alten Testament (AT) – wohl deshalb, weil er seine Hebräischkenntnis höher als seine Griechischkenntnis einstufte. Nur vier von 32 Jahren seiner Bibelprofessur widmete er NT-Schriften. Im August 1518 berief die Universität Wittenberg Philipp Melanchthon an den neu eingerichteten Lehrstuhl für Altgriechische Sprache. Er wurde Luthers engster Mitarbeiter. Martin Luthers 95 Thesen – im lateinischen Original Disputatio pro declaratione virtutis indulgentiarum (Disputation zur Klärung der Kraft der Ablässe), in frühen deutschen Drucken Propositiones wider das Ablas –, in denen er sich gegen den Missbrauch des Ablasses und besonders gegen den geschäftsmäßigen Handel mit Ablassbriefen aussprach, wurden am 31. Oktober 1517 als Beifügung an einen Brief an den Erzbischof von Mainz und Magdeburg, Albrecht von Brandenburg, erstmals in Umlauf gebracht. Da eine Stellungnahme Albrechts von Brandenburg ausblieb, gab Luther die Thesen an einige Bekannte weiter, darunter Wilhelm Nesen und Konrad Nesen, die sie kurze Zeit später ohne sein Wissen veröffentlichten und damit zum Gegenstand einer öffentlichen Diskussion im gesamten Reich machten. Die Historizität des Thesenanschlags, bei dem Luther seine 95 Thesen am Mittwoch, dem 31. Oktober 1517 eigenhändig an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg genagelt haben soll, ist umstritten.
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