Höllengeld
Höllengeld imitiert reguläre Banknoten mit übertrieben hohen Wertangaben und ist die verbreitetste Form von „Geistergeld“, „Schicksalsgeld“. Höllengeld wird als Brandopfer im Ahnenkult dargebracht, hauptsächlich in der Religion des Daoismus in China. Es ist in allen ostasiatischen Kulturen seit etwa 1000 Jahren bekannt, religiös vor allem mit dem Buddhismus und seinen Strömungen verknüpft und wird überall verwendet, wo dieser präsent ist. Wohlhabende Chinesen geben ihren Toten gerne echte, einmal gültige Banknoten mit hohen Werten mit ins Grab. Dabei wird das Inflationsgeld bevorzugt. Etymologie Der Begriff „Hölle“ auf Höllengeldscheinen (englisch hell) bezieht sich auf das Konstrukt des Diyu (chinesisch 地獄, Pinyin dìyù für „Unterwelt-Gefängnis“; auch chinesisch 地府, Pinyin dìfǔ für „Unterwelt-Gericht“), das im Daoismus und bei anderen buddhistischen Strömungen bekannt ist (Der Daoismus entstand, als der Konfuzianismus in China mit dem Buddhismus verschmolz). Darum sind die Schriftzeichen dafür auf jedem Höllengeldschein zu finden. Nach traditionellem chinesischen Verständnis bezeichnet dies den Ort, an dem die Seelen der Toten vom Herrn des „Erdgerichts“, Yan Wang, abgeurteilt werden. Nach diesem Urteil werden sie entweder in den Himmel oder in ein Labyrinth von Ebenen und Kammern der Unterwelt geleitet, um dort für ihre Sünden zu büßen. Zudem gibt es im Daoismus vereinzelt die Ansicht, dass ein Verstorbener eine bestimmte Summe Höllengeldes beim „Erdgericht“ im Jenseits zur Bezahlung eines (teilweisen) Ablasses für seine Verfehlungen in seinem irdischen Leben benötige. Im Buddhismus entspricht das Diyu eher einem Purgatorium, wobei Frauen ein „Blutbecken“ bzw. „Blutteich“ vorbehalten ist. Der dortige Aufenthalt dient der Läuterung vor der Wiedergeburt. Einigen Strömungen des Buddhismus nach werden nur die durch ein Gewaltverbrechen zu Tode gekommenen Menschen zu Geistern, die man mit Höllengeld besänftigen muss, damit sie nicht die Lebenden heimsuchen. Im Daoismus, wie er in Singapur praktiziert wird, herrscht der Glaube vor, dass jeder durch einen Kredit von der Höllenbank geboren wird, den die Angehörigen nebst Zinsen innerhalb einer Frist von 49 Tagen nach dem Sterbedatum durch das Verbrennen von Höllengeld zurückzahlen müssen. Eine Theorie des Philosophen und Sinologen Wenchao Li von der Universität Hannover und Inhaber der Leibniz-Stiftungsprofessur besagt, dass der Begriff der „Hölle“ von christlichen Missionaren in China eingeführt wurde, die lehrten, dass alle Nichtchristen der chinesischen Bevölkerung nach dem Tod „in die Hölle fahren“ würden. Es kam zu einer missverständlichen Auslegung, nach der die „Hölle“ generell fürs Jenseits stand, die sich etablierte. Einige moderne Höllengeldscheine versuchen, dies zu korrigieren, indem sie den Begriff durch „Himmel“ (englisch heaven) oder „Paradies“ (englisch paradise) ersetzen. Bis die Inflation in der Republik China ab 1944 anstieg, wurden Höllengeldscheine in Stückelungen von fünf und zehn Fǎbì (chinesisch 法幣) aufwärts hergestellt, weil diese Beträge als ausreichend fürs „Erdgericht“ angesehen wurden. Die Nominalwerte im Alltag spiegelten sich in den fürs Jenseits vorgesehenen Wertstufen wider. Nach 1945 wurde die Mehrheit der Höllengeldscheine in Stückelungen von 5.000 bzw. 10.000 imaginären Dollar oder höher ausgegeben. Moderne Höllengeldscheine sind für ihre übertriebenen Wertstufen bis hin zu mehreren Milliarden Dollar bekannt. Verwendung Der einmal jährlich wiederkehrende zentrale Anlass für die Verbrennung großer Mengen an Höllengeld und joss paper ist das Geisterfest (zu Vollmond im August; auch „Fest der Hungergeister“ genannt), an dem nach daoistischem Glauben das „Tor zur Hölle“ offensteht. Je nach Familientradition ist es üblich, Höllengeld zudem bei jedem Besuch eines Tempels oder Friedhofs zu verbrennen.
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